«Wenn ich das nur früher gewusst hätte!»

Der Väterabend beim Geburtsvorbereitungskurs hat mir damals soviel genützt wie die Geburtsvorbereitung der Hebamme am Spital: nämlich nichts! Und Largos Babyjahre habe ich erst verstanden, als unsere beiden Kinder schon über das Babyalter hinaus waren.  

Vielleicht hätte mir das Bewusstsein geholfen, dass Erziehung nie nur in eine Richtung funktioniert, sondern dass Kinder und Eltern sich immer gegenseitig beeinflussen. 

Eine Aussage von damals habe ich heute noch im Ohr: Dass die Umstellung vom Paar zur Familie etwa ein halbes Jahr dauern soll. Die Botschaft hörte ich wohl, aber ich wollte ihr nicht glauben und hab sie erfolgreich verdrängt. «Was der Bauch nicht will, lässt der Kopf nicht rein»  
Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass die Bedürfnisse des Babies die bis dahin gleichberechtigten Rollen auf dem Kopf stellen. 

Das war eine schmerzhafte Lektion: Die Bedürfnisse des Babys bestimmen den Familienalltag. Anders kann der Lebensraum Familie nicht funktionieren. Aber ich habe meine Freiheiten und meine Selbstbestimmung nicht aus Einsicht hergegeben. Sondern weil es mir geholfen hat, mich mit meiner Lebenssituation anzufreunden, statt mich vom Ärger steuern zu lassen, dass das Leben zu dritt nicht meinen Vorstellungen entspricht. 

Ich habe gelernt, dass die schlaftrunkenen Runden nachts mit dem Baby auf dem Arm nicht nur grauenhaft sind, sondern Nähe und Vertrauen schaffen, dass stinkende Windeln wechseln kein Scheissjob ist, sondern Beziehungspflege. Dass Babies nicht nur schlafen und gefüttert werden müssen, sondern in erster Linie verlässliche Bezugspersonen brauchen. Und dass diese Bezugspersonen nicht nur Fürsorge geben, sondern auch ganz viel Zuneigung und Nähe zurückbekommen – wie kaum in einer anderen Beziehung. Bindung erfasst alle Beteiligten. 

Da Mütter auch mal Pause brauchen, habe ich nach einem halben Jahr ein Wochenende allein mit unserer Tochter verbracht. An diesem Wochenende bin ich Vater geworden.